Das Druckwerkstatt Kollektiv wurde im Bundeswettbewerb „Familienfreundlicher Betrieb 2000“ für seine Väterförderung ausgezeichnet.
|
Druckwerkstatt Kollektiv Offsetdruck & Verlag GmbH
Weil die Macher auch engagierte Väter sein wollten, entwickelte die Druckwerkstatt Kollektiv GmbH in Darmstadt schon in den 80er Jahren ein familienfreundliches Arbeitszeitmodell "Neue Väter" setzen Impulse Für Ulrich Pakleppa und Rainer Schönenberg brachte 1981 der Einstieg in ein bestehendes Druckerei-Kollektiv unverhofft den Sprung in die Selbständigkeit. Nur drei Wochen dauerte es bis dem Chemieingenieur und dem Politiklehrer der Betrieb von den Eignern angeboten wurde - und die beiden beherzt und mit dem nötigen Unternehmergeist zugriffen. "Eine schwierige Zeit", erinnert sich Schönenberg heute, "wir waren ja keine Drucker." Die nötige Fachkompetenz brachte dann ein halbes Jahr später der gelernte Buchdrucker und Wirtschaftsingenieur Willi Wagner mit. Trotz wirtschaftlich turbulenter Zeiten konnte sich das Kollektiv in der Folge nicht nur behaupten, es entwickelte auch innovative Arbeitzeitmodelle, um den veränderten Lebensbedingungen und Bedürfnissen der Beschäftigten gerecht zu werden. Work-Life-Balance für alle In Sachen familienorientierter Arbeitsorganisation war die Druckwerkstatt ihrer Zeit immer schon einen Schritt voraus. Die 35-Stunden Woche gab es dort von Anfang an. "Als die Gewerkschaften dann die 35 Stunden Woche forderten", schmunzelt Wagner, "senkten wir die Regelarbeitszeit auf 30 Stunden." Auch flexible Arbeitzeiten und individuelle Teilzeitverträge waren für das Druckwerkstatt Kollektiv schon in den 80er Jahren eine Selbstverständlichkeit. Stehen geblieben ist das Unternehmen dabei nicht. Es wurden weitergehende Regelungen entwickelt, um die Balance zwischen Beruf und Familie zu erleichtern: Bis zum dritten Lebensjahr der Kinder arbeiten Eltern 6 Stunden pro Woche weniger, zwischen dem Kindergartenalter und dem Beginn der Schulzeit wird ihre Wochenarbeitszeit um vier Stunden und ab dem Schulalter um 2 Stunden reduziert. Und das bei vollem Lohnausgleich. Kann sich der Betrieb das leisten? "Als wir diese Regelungen vereinbart haben, verdienten wir noch wenig", erklärt Waso Koulis, zur Zeit die einzige Frau in der Druckwerkstatt und selbst Mutter von zwei Kindern. "Wenn sich das Gehalt noch verringert hätte, wären unsere guten Leute gegangen." Deshalb entschied sich das Kollektiv für diesen internen "Familienlastenausgleich", von dem alle bei der Familiengründung profitiert haben. Arbeit innovativ Reorganisieren "Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht", erläutert Wagner den nicht immer einfachen Entwicklungsprozess. Für die Druckwerkstatt ist die langfristige Mitarbeiterbindung ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Von Anfang an wurde im Betrieb Arbeitsplatzrotation praktiziert, weil alle das ganze Arbeitsspektrum beherrschen und sich wechselseitig vertreten mussten. So wurden breite Qualifikationen und Kompetenzen bei den Mitarbeiter/innen aufgebaut, auf die das Unternehmen nicht verzichten kann und will. Mit den digitalen Technologien hat zwar auch in der Druckwerkstatt eine Spezialisierung stattgefunden. Aber innerhalb gewisser Grenzen wird auch heute noch rotiert - selbst bei der Geschäftsführung. Dass zwischen Familienorientierung und Betriebsinteressen kein unlösbarer Widerspruch bestehen muss, davon ist das Druckwerkstatt Kollektiv überzeugt. Weil auch Telearbeit möglich war, haben die Mitarbeiter/innen die reduzierten Arbeitszeiten während der Elternzeit nicht nur für ihre Familien, sondern auch zur Weiterqualifizierung genutzt. Und der Betrieb hat davon profitiert: Er konnte sich der "digitalen Revolution" anpassen, seine Qualität verbessern und im Wettbewerb bestehen. Väter forderten ein neues Familien- und Arbeitsmodell Ungewöhnlich ist sicher auch, dass der entscheidende Impuls für die Familienorientierung des Betriebs nicht von den Frauen kam. Es waren die [werdenden] Väter, die Anspruch auf einen größeren Anteil an der Kindererziehung und am Familienleben geltend machten. Den ersten Anstoß gab 1983 Ulrich Pakleppa, der nach der Trennung von seiner Frau mehr Zeit für seine Tochter brauchte. Als 1989 dann auch Rainer Schönenberg ein engagierter Vater wurde, vereinbarte das Kollektiv feste Regeln zur Arbeitzeitreduktion für Beschäftigte mit Kindern. Voraussetzung war dabei für alle Beteiligten ein Partnerschafts- und Familienmodell, das auch heute noch gesellschaftspolitisch Zukunftsmusik ist. In den Partnerschaften arbeiten beide Teilzeit. Berufschancen und Familienarbeit werden gleichermaßen unter Frauen und Männern geteilt. Die "Macher" der Druckwerkstatt haben am neuen Männer- und Väterleitbild, das heute gefordert wird, schon fast zwei Jahrzehnte gearbeitet. Und dabei auch den Gegenwind zu spüren bekommen. "Es gab auch Kolleginnen und Kollegen, die unser Engagement für den Beruf und den Betrieb in Frage gestellt haben, weil wir als Väter in unserer Familie aktiv beteiligt sein wollten", berichtet Schönenberg. Manche sind dann gegangen, auch weil die Verdienstmöglichkeiten nur begrenzt sind. Wenn beide Partner Beruf und Familie vereinbaren wollen, ist die Berufstätigkeit beider ein Muss. Schon aus finanziellen Gründen. "Ein Problem sind natürlich auch noch die niedrigen Renten" erläutert Koulis, "da müsste politisch dringend etwas getan werden." Gesetzt hat die Druckwerkstatt allerdings auf Eigeninitiative. Bereits vor Jahren wurde eine Direktversicherung zur Altersvorsorge abgeschlossen, in die für alle Beschäftigten pro Monat 200 DM eingezahlt werden. Das Engagement hat sich gelohnt: Das Druckwerkstatt Kollektiv wurde im Bundeswettbewerb "Familienfreundlicher Betrieb 2000" für seine Väterförderung ausgezeichnet. |